„Neue Ansätze in der Grundbildung ausgelöst durch Corona“- Gemeinsamer Online-Fachaustausch mit BasisKomPlus Hamburg und eVideoTransfer2 aus Berlin
„Wie können Lernende mit Grundbildungsbedarfen in Zeiten von „Social Distance“ gut erreicht werden und weiter lernen?“, „Welche Tools und Methoden helfen dabei und welche eignen sich wofür?“, „Welche neuen Impulse nehmen wir aus der Corona-Zeit für das Lernen in Arbeits- und Lebensweltprojekten mit?“ – diese Fragen standen im Mittelpunkt des Online-Fachaustausches „Neue Ansätze in der Grundbildung ausgelöst durch Corona“, zu dem die Projekte BasisKomPlus Hamburg, eVideoTransfer2 und Neu Start St. Pauli am Mittwoch, den 17.6.2020 eingeladen hatten.
Die rege Teilnahme am Fachaustausch war wohl ein Beweis dafür, dass das Thema vielen Akteur*innen der Grundbildung unter den Nägeln brennt. Und so wurden nach den Inputs und Erfahrungsberichten aus den veranstaltenden Projekten in drei Arbeitsgruppen Eindrücke und Tipps aus der Praxis der letzten Monate ausgetauscht und auf virtuellen Pinnwänden festgehalten.
Einig waren sich die Teilnehmer*innen darin, dass viel Mühe und Experimentierfreude nötig waren, um das Lernen ohne Präsenzunterricht weiter möglich zu machen. Unter schwierigen Rahmenbedingungen und ohne Vorbereitungszeit sind in vielen Projekten und Einrichtungen auf kreative Weise Wege gesucht und gefunden worden, um mit den Lernenden weiter zu arbeiten. Übereinstimmung herrschte auch darüber, dass es für alle Beteiligten schön ist, dass inzwischen nach und nach Präsenzangebote wieder möglich sind. Bleibt die Frage, inwiefern die Erfahrungen aus den letzten Monaten in die kommende Zeit einfließen und die neuen Ansätze weiter verfolgt werden? Die Anregung aus dem Kreis der Teilnehmenden für einen weiteren Erfahrungsaustausch dazu nehmen wir gerne auf.
…und wieder im Stadtteil unterwegs
Nach der durch Corona bedingten Unterbrechung unserer aufsuchenden Stadtteilrundgänge waren wir gestern wieder im Kiez unterwegs und haben neben unseren bereits eingespielten Werbemitteln wie Plakaten erstmalig auch unser neu entwickeltes Bierdeckel-Format unter die Menschen gebracht. Anlaufstellen unserer Verteil-Aktion inklusive der daran gekoppelten Sensibilisierungsgespräche mit den jeweiligen MitarbeiterInnen waren dabei Kioske, Imbisse und Cafes. In einem nächsten Schritt und wenn es die Umstände wieder erlauben, werden wir uns dann schwerpunktmäßig den Restaurants, Bars und Kneipen im Stadtteil zuwenden. Alles mit der Zielsetzung, an diesen für viele lebensweltlich relevanten Orten Erwachsene mit Lese- und Schreibschwierigkeiten auf unsere Angebote aufmerksam zu machen und zugleich das Umfeld für das nach wie vor in seinen Ausmaßen und individuellen Auswirkungen wenig beachtete Thema „Geringe Literalität“ aufzuschließen.
Schrittweise zurück…
…in die Präsenz! Seitdem es vom Hamburger Senat wieder zugelassen wird, haben wir nach und nach wieder mit unseren Lern- und Beratungsangeboten in Präsenz begonnen. So haben bereits wieder erste Lernberatungen mit potenziellen neuen LernerInnen stattgefunden, deren Anfragen während der Unterbrechung der Präsenzangebote verschoben werden mussten. Auch erste Unterrichtsangebote in Zweier-Settings haben wir wieder aufgenommen, wobei Plexiglasscheibe und Luftzug treue Begleiter sind. Unsere offenen Lerntreffs bleiben aufgrund der Fluktuation der TeilnehmerInnen und der dadurch nicht einhaltbaren Begrenzung von Kontakten zunächst bis auf Weiteres ausgesetzt. Neben den wieder aufgenommenen Präsenzangeboten behalten wir, je nach Wunsch der TeilnehmerInnen, auch unsere während der Corona-Unterbrechung etablierten Formate des Fernunterrichts bei. An den damit gesammelten Erfahrungen lässt sich anknüpfen und weiter erproben, zumal auch die positiven Rückmeldungen einiger LernerInnen für die Fortsetzung dieser Fernunterrichtsangebote sprechen. Wir freuen uns dennoch sehr, unsere LernerInnen wieder aus der Nähe sehen zu können!
Bierdeckel für die Kneipen-Sensibilisierung
Wir haben die Phase während der ausgesetzten Präsenzangebote unter anderem genutzt, um weitere Materialien für die Zeit zu entwickeln, in der es wieder mehr öffentliches Leben inklusive des Betriebs von Kneipen und anderen Gastronomien geben wird. Insbesondere um unsere bereits vor der Corona-Pause begonnene Kneipen-Sensibilisierung mit branchenspezifischen Werbemitteln zu flankieren und dadurch nachhaltigere Ansprache-Effekte bei den informellen MultiplikatorInnen, dem mitwissenden Umfeld und den erwachsenen Gästen mit Lese- und Schreibschwierigkeiten zu erzielen, haben wir daher zwei unterschiedliche Bierdeckel-Formate entwickelt. Auf der Rückseite haben wir auf beiden Formaten ein Suchwort- bzw. Labyrinth-Rätsel integriert. Damit wollen wir den Bierdeckeln einen praktischen Nutzwert verleihen und darüber vermittelt mehr Aufmerksamkeit für unser Thema bei denjenigen erzeugen, die sie in der Lebenswelt in die Hände bekommen. Wir freuen uns auf die praktische Erprobung des entwickelten Materials!
Video-Hinweis zu Corona-Infos in Einfacher Sprache
Es gibt viele Informationen über das Corona-Virus im Internet. Aber nicht alle sind richtig und leicht verständlich. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) hat im Rahmen seiner Alphabetisierungs-Kampagne „Lesen und Schreiben – Mein Schlüssel zur Welt“ die wichtigsten Informationen zum Corona-Virus in Einfacher Sprache veröffentlicht. Neben allgemeinem Wissen rund um das Corona-Virus gibt es in den drei Themengebieten Arbeit, Familie und Online-Lernangebote detaillierte Informationen. Für mehr Infos klicken Sie gerne auf das oben stehende Video oder direkt hier!
Alternative Lernformate: Lernen über Messenger-Dienste
Wir erproben in der Phase des aktuell ausgesetzten Präsenzunterrichts weiterhin verschiedene Formate des Fernunterrichts. An dieser Stelle möchten wir kurz und bündig die Praxis des Formats „Lernen mit Messenger-Diensten“ schildern, welches von einigen unserer LernerInnen u.a. aufgrund seiner Niedrigschwelligkeit sehr gut angenommen wird.
Bei diesem Lernformat senden unsere LernberaterInnen wohldosierte und zum individuellen Lernstand passende digitale Aufgaben an die LernerInnen, die von diesen auf Papier bearbeitet und anschließend beispielsweise als Foto zurückgesendet werden. Im nächsten Schritt erhalten die LernerInnen eine Lösungshilfe zur Durchführung einer Selbstkontrolle der eigenen Schreibleistung. Auf diese Weise werden zugleich digitale Anwendungskompetenzen sowie die Selbstlernkompetenz verbessert. Im Bedarfsfall erfolgt nach der Selbstkontrolle ein sofortiges Feedback durch die Lernberaterin/den Lernberater und es wird eine neue Lernaufgabe versendet. Die Möglichkeit zur direkten Interaktion ist ein Vorteil und wird in der Regel von parallelen oder zeitversetzten Telefonaten begleitet. So kann für einige LernerInnen der eigene Übungsfortschritt innerhalb dieses für die meisten ungewohnten Formats besser transparent gemacht werden. Bestenfalls sollten die verwendeten Messenger-Dienste den LernerInnen in der grundsätzlichen Handhabung bereits vertraut sein, um technische Barrieren möglichst zu vermeiden. In Bezug auf das Lesen lernen, welches im Fernunterricht teilweise didaktisch anspruchsvoller umzusetzen ist, haben wir bereits Lösungen entwickelt, die wir aktuell erproben. Dazu demnächst mehr an dieser Stelle…
Infos zu Corona in Einfacher Sprache
Auf der Website der Kampagne „Mein Schlüssel zur Welt“ sind leicht lesbare Informationen zur aktuellen Lage zu finden. Sie können entweder an dieser Stelle klicken oder diesem Link folgen: https://www.mein-schlüssel-zur-welt.de/de/informationen-zum-corona-virus-1790.html
Es gibt auch eine Funktion auf der Website, um sich die Texte vorlesen zu lassen. Viel Spaß beim Lesen und informieren!
Neu Start St. Pauli wünscht gesunde und erholsame Ostertage!
Alternative Lernformate in der Ausnahmesituation
Wir versuchen die aktuelle Ausnahmesituation als Chance zu begreifen und führen mit einigen unserer LernerInnen bereits seit letzter Woche individuell zugeschnittene Alternativ-Lernformate durch, um die Phase des ausgesetzten Präsenz-Unterrichts möglichst ohne große Lernrückschritte zu überbrücken. Im Zuge dessen haben wir verschiedene Formen von Fernunterricht eingerichtet, die sich immer an dem Kenntnisstand und den privaten Nutzungsgewohnheiten des jeweiligen Teilnehmers orientieren. Denn nicht alle unsere TeilnehmerInnen nutzen beispielsweise die gleichen Smartphone-Apps oder sind sicher im Umgang mit E-Mail-Anhängen, in denen sich Lernmaterialien befinden. So praktizieren wir auf Basis der Frage „Was passt für wen?“ mit einigen LernerInnen über Messenger-Dienste organisierte Selbstlerneinheiten. Sie zielen auf die Schulung der Selbstlernkompetenz ab und orientieren sich an dem für die Teilnehmenden gewohnten Vorgehen aus den offenen Lerntreffs. Dabei werden parallel zum Lesen und Schreiben digitale Grundkompetenzen in der Handhabung dieser Dienste eingeübt, wie sie auch bei weiteren von uns genutzten Plattformen zum kollaborativen digitalen Lernen gefragt sind.
Für weniger digitalaffine LernerInnen ist oft der analoge Weg der passendere, weshalb wir auch Lernbriefe versenden, in denen sich Arbeitsblätter finden, die vor allem der Wiederholung und Festigung von bereits vor der Pause begonnenen Themen dienen. Die Korrektur der Lernmaterialien erfolgt dann entweder per telefonischem Feedback-Gespräch oder entlang mitgeschickter Lösungsblätter zur Selbstkorrektur. Ohnehin ist die telefonische Begleitung bei allen Fernunterrichts-Formaten ein wichtiger Bestandteil, um Verbindung zu den Lernenden zu halten, technisches Equipment und Know-how zu checken, Fragen zu klären, Feedback zu absolvierten Aufgaben zu geben oder kollaborativ zu arbeiten. Wir erproben und entwickeln beständig weiter, um die anspruchsvolle Lage für alle bestmöglich zu gestalten.
Wir müssen leider eine Pause machen
Angesichts der aktuellen Entwicklungen bezüglich des Coronavirus und der Kita- und Schulschließungen in Hamburg finden bis auf Weiteres keine Beratungs- und Lernangebote statt. Auch die offenen Lerntreffs im Flaks, in den Fanräumen des Millerntorstadions und in der Bundesstraße sind in dieser Zeit ausgesetzt.
Diese Entscheidung soll dazu beitragen, sowohl unsere LernerInnen als auch unser Team vor einer möglichen Ansteckung mit dem Coronavirus zu schützen und damit auch die Möglichkeiten der Weiterverbreitung des Virus, die auf Kosten vieler Menschen gehen kann, zu verhindern.
Über die Wiederaufnahme der Beratungs- und Lernangebote werden wir auf dem Laufenden halten und hoffen, dass sich dazu zeitnah absehbare Entwicklungen ergeben.
Falls es noch Fragen dazu gibt, rufen Sie uns gerne an: Tel. 040 5555 6231.